Coucou bisous… das Ziel bist (nicht) Du – Skype Scam mit Google Bildersuche entlarven

Skype. Lange habe ich einen großen Bogen darum gemacht weil ich das mit dem Kameragedöns einfach nicht mag. Vor ca. zwei Monaten konnte ein Kunde mich jedoch davon überzeugen, dass man damit über die „Bildschirm-teilen-Funktion“ sehr gut zusammen arbeiten kann. Und in der Tat klappt das sehr gut… und man braucht auch die Kamera dazu nicht 😉 Soviel zu den positiven Erfahrungen. Kommen wir jetzt zur Schattenseite.

Direkt nach einem der Skype-Arbeitstermine kam eine sehr nette Kontakt-Anfrage, auch per Skype. Hübsches Foto war auch dabei und die Dame wohnt laut Profil genau da, wo der französische Teil meiner Familie her kommt. Facebook-Profil gibt es auch. Sympathisch. Hab in der Gegend früher (und tue es weiterhin) schöne Urlaube verbracht und es wäre nicht das erste Mal, dass sich von dort nach langer Zeit wieder jemand meldet und fragt wie es mir so geht. Also war ich auf einen schönen Aha-Effekt eingestellt. Aber in diesem Fall nein, man kannte sich noch nicht. Trotzdem hat sich schnell ein netter Chat entwickelt. Charmante. Mit dem Bonus auf ihrer Seite, dass sie aus einer Gegend kommt, die ich von Kindesbeinen an gut kenne.

Aufgeschlossen und offen wie man ist denkt man sich, dass das eventuell mit einem Kaffee nächstes Jahr im Urlaub klappen könnte und bekommt zudem zu hören, dass die Dame (mit Kind) seit einiger Zeit Single ist und auf der Suche nach einer neuen, ernsthaften (sincère, ouvert d’esprit, honnêtement …) Beziehung ist und offen für jeden Tipp ist, der ihr dabei helfen könnte den richtigen Mann zu finden, der wie sie, aufrichtig und ehrlich sein soll. Alter, Entfernung etc. egal und man hätte alle Zeit der Welt sich näher kennen zu lernen. Tout doucement. Sie sei ganz neu auf Skype unterwegs, hat keine anderen Profile auf irgendwelchen sozialen Plattformen und schwupps kam auch schon das nächste Foto von ihr. Natürlicher und noch hübscher.

Allerdings ist mir schon relativ früh aufgefallen, dass das Gegenüber auf keinerlei Ortsangaben von mir eingeht. Wie es z.B. ist da zu wohnen, wo andere Urlaub machen etc. und dadurch kam dann zum bereits natürlichen vorsichtigen Vorgehen relativ früh lauteres Alarmglockengebimmel hinzu. En plus gab es eben doch ein verwaistes Facebook-Profil unter ihrem Namen und Ortsanagaben, um nicht zu sagen drei… Als ich „sie“ damit gespielt wohlwollend konfrontierte meinte sie, dass sich da wohl jemand ihr Foto geschnappt hat … und ihren Namen … usw. und dass das bei schönen Frauen wohl leider öfters der Fall ist und sie sich darum mit einer Freundin, die sich besser im Internet auskennt, kümmern wird. Noch mehr Gebimmel, aber trotzdem weiter fasziniert … vielleicht sind das nur Anfangsholperer … tout doucement ging es weiter mit vorsichtigem, höflichem und zuvorkommendem „Abtasten“ des Gegenübers.

Break. Ich kürze jetzt ab, es war (leider) ein Scam, also Betrug. Bei der Rekapitulation des Chats kam eines heraus. Es wurde meiner Meinung nach unheimlich geschickt danach gefragt wann ich zuhause bin, und im Umkehrschluss danach, wann ich es vor allem nicht bin. So subtil und so gekonnt gestreut, dass mir erst danach und in Verbindung mit den anderen Fragen von meinem Gegenüber aufgefallen ist, um was es gegangen ist. Z.B. wurde die Frage: „Tu pars quand au boultot? (Wann geht’s zur Arbeit?)“ in der Verbindung nachgefragt wann die beste Zeit zum Chatten wäre… gut wenn man dann, wie in meinem Fall, nur sagen konnte, dass man zuhause arbeitet.

Da mir das das erste Mal passiert ist und dank gesundem Menschenverstand gut ausgegangen ist (z.B. warum muss sich eine so gut aussehende Frau überhaupt einen Mann übers Internet suchen und ein paar andere Dinge wollten auch irgendwie nicht zusammenpassen) hier ein paar Tipps/Erinnerungen um jedem, der das hier liest, eine trotzdem sehr unangenehme und schale Erfahrung gleich von vornherein zu ersparen.

  1. Kalt-Kontakte per Skype mit allerhöchster Vorsicht behandeln. Auch wenn man, oder vor allem dann, ein offener Mensch ist. Vor der Annahme der Kontaktanfrage zuerst schauen ob es mit dem Namen Profile auf anderen sozialen Plattformen gibt. Falls ja, Kommentare der Follower/Freunde genauer anschauen. Männer, die einmal auf einen Fake-Account reingefallen sind, schimpfen wie die Rohrspatzen. Manche eleganter, manche gewitzt und manche richtig derb. Also man merkt wenn etwas nicht stimmt. Stoßt ihr auf ein Profil eher jüngeren Datums mit wenig Freuden ist auch Vorsicht geboten.
  2. Keinen noch so kleinen Einblick in eure Privatsphäre geben auch wenn das Gegenüber noch so entzückend erscheint bzw. chattet. Wirklich Null bis ihr euch absolut sicher seid, dass es kein Scam (ausspionieren, ob lohnenswertes Ziel) ist.
  3. USB-Stecker der Kamera ziehen bzw. Kamera deaktivieren oder Zettel drüber oder besser die Kamera generell erstmal deaktiviert haben und nur bei sicheren Kontakten nutzen. Zu schnell könnte man zu Chat-Beginn aus Versehen auf den Videoannahme-Knopf klicken. Z.B. wurde angerufen, aber sofort wieder aufgelegt.
  4. Jetzt das Wichtigste: Wenn es nicht von selbst kommt, gleich zu Beginn nach einem Foto fragen oder gleich das Foto aus dem Profil des Gegenübers nehmen und checken (wie das ganz einfach geht kommt weiter unten), dann zeigt es sich u.U. sehr schnell ob es sich um einen Scam handelt oder nicht. Eine Identität per Skype zu verifizieren ist eigentlich unmöglich. Profi-Scammer arbeiten auch mit im Fotobearbeitungsprogramm zusammen gefakten Ausweisen.
  5. Immer klar sein, dass das Gegenüber, bis das Gegenteil fest steht, absolut nichts mit dem Bild zu tun hat, das ihr seht. Hinter dem Profil kann sich die übelste Sorte von „Hackerfresse“ verbergen. Ich hab mich nach diesem Erlebnis über die Scam-Praktiken ein bisschen weiter informiert und gelesen, dass es in bestimmten Ländern eine regelrechte Betrugs-Industrie gibt und Info-Scamming eine Tätigkeit ist von der es sich anscheinend sehr gut leben lässt.
  6. Klar sein, dass es Profis sind, die ihr Handwerk leider sehr gut beherrschen. Meine starke Vermutung ist, dass es um die Zeit/Daten geht wann man am wahrscheinlichsten nicht zuhause ist und um die Prüfung ob man ein lohnenswertes Ziel darstellt. Diese Informationen werden dann wohl an „Interessenten“ in unserer Nähe weiterverkauft. Dabei spielt es keinerlei Rolle ob der Skype-Spion hier irgendwo in der Nähe oder auf der anderen Seite des Erdballs seinem schmutzigen Geschäft nachgeht. Dazu paßt auch das Suchprofil der falschen Identität: Gesucht wird nach gut situierten Männern zwischen 40 und 60 und so ziemlich die erste Frage war ob ich Single bin und ob ich alleine wohne. Übersetzung: Also ob zuhause sonst noch mit jemandem zu rechnen ist.
  7. Noch klarer sein, dass man ein Mensch mit Vorlieben ist, die einen dazu verleiten können seine eigenen Vorsichtsregeln, zumindest eine Zeit lang, zu vergessen. Jeder hat mal einen schwachen Moment bzw. Aussetzter.
  8. Je hübscher das Bild des Kaltkontakts (noch unbekannten Gegenübers), desto vorsichtiger sein

Schneller zur Klarheit. Bilder-Check mit der Google Bildersuche

Das erste Mal von mir benutzt und ich kam aus dem Staunen nicht heraus. Kurz, das was bei Google mit Wörtern bestens funktioniert, funktioniert mit Bildern ebenso gut.

Ihr geht normal zur Google-Suche, dann Bilder anklicken, dann auf das Kamera-Symbol, Bild hochladen … und ich selbst hab dann den Mund erst einmal nicht mehr zubekommen. Das war dann doch noch der Aha-Effekt, den ich mir aber eigentlich ganz am Anfang und auf ganz andere Weise gewünscht hatte. Datenschutz-Dinge etc. lassen wir in diesem Fall mal weg, weil es in solchen Fällen your best friend ist und z.B. bei mir für sofortige Klarheit gesorgt hat. Chat Ende, Kontakt geblockt. Den Skype-Kontakt einfach nur löschen brachte noch keine Ruhe, denn es wurde gleich wieder weiter versucht.

Was die Google Bildersuche sofort gezeigt hat: Das Bild stammt von einer mir bis zu diesem Moment unbekannten Celebrity aus USA und wurde auf sehr vielen Fake-Profilen verwendet. Nach 20 hab ich aufgehört zu zählen. Das Bild taucht auch auf Seiten auf die z.B. auf anti-scam.de gelistet sind. Ich hab dann interessehalber noch ein bisschen weiter recherchiert und kam von dem ersten Fake-Profil auf Facebook auf ein zweites bei Google+. Dort wurde ein anderes Bild verwendet, ebenfalls von einer sehr attraktiven Frau. Dieses lies ich dann auch durch die Google-Bildersuche laufen und das Ergebnis waren noch viel viel mehr Fake-Profile, auf allen möglichen Dating-Plattformen quer durch Europa, alle mit dem gleichen Bild und immer mit unterschiedlichen Namen. Mindestens 100. Der Witz auf der Google+ Seite ist die Begrüßung: „Nicht alle Profile von schönen Frauen sind Fake“ … räusper… ich sag nur Google-Bildsuche und wie gesagt hilft auch ein Blick in die Kommentare.

Ich wünsch euch jetzt, dass ihr scamfrei durchs Leben kommt, und falls es je doch jemand mal bei euch versuchen sollte, seid ihr mit der Bildersuche bei Kaltkontakten hoffentlich schnell im Klaren. Boah, und ich muss jetzt erstmal den Gedanken weg bekommen, dass … eine Sekunde unachtsam fasziniert und … spart es euch einfach. Das braucht kein Mensch. Trotzdem war es schön mal wieder auf französisch zu schreiben … merkt ihr es? … mit was für einem Informationsvorsprung manche Menschen ihrem Handwerk auf die Sprünge helfen ….aber es ging ja auch nie einfacher ….Dinge über andere Menschen in Erfahrung zu bringen …und sie zu seinem Vorteil auszunutzen. So subtil, so geschickt, ich muss es sagen, so faszinierend gut, leider … aber auch so gefährlich.

Skyperesolver – Ich weiß wo Dein Skype wohnt

Man kann auch die IP seines Skype-Gegenübers ermitteln. Wenn dann dabei herauskommt, dass die IP z.B. auf die Philippinen führt und euer Chat-Partner vorgibt z.B. aus Frankreich mit euch zu chatten, wisst ihr auch sofort Bescheid. Da es bei mir nach der Bildersuche schon klar war hab ich das dann nicht mehr gebraucht. Zu diesem Dienst geht es hier lang:

Ihr braucht dazu den Skypenamen eures Chatpartners. Gut beschrieben hier:

Noch ein paar Dinge, die mir aufgefallen sind:

  • Wenn ihr eher Vielschreiber seid so wie ich, dann ist das von Vorteil. Ihr merkt dann ziemlich schnell, dass das Gegenüber im Scam-Fall nicht mitmacht und die Hälfte eurer Fragen unbeantwortet lässt. Klar, man muss ja auch noch andere „Kunden“ nebenbei bedienen.
  • Des öfteren wurde so getan als ob geschrieben wird, aber dann kam nichts
  • Antworten auf speziellere Fragen/Hinweise z.B. zu Yoga wurden mit einem kurzen „Ah bon“ beantwortet
  • Zwischendurch wurde auch gefragt ob ich ein Hangouts-Konto habe
  • Es wurde einige Male wiederholt wie aufrichtig, ehrlich und ernst es das Gegenüber meint. Bei diesen Themen wurde in copy-paste Manier mit vorbereiteten Textblöcken gearbeitet eventuell auch mit einer Software. In diesen Momenten hatte man das Gefühl, dass eine Art KI dahinter stecken könnte weil es im Bezug auf den Konversationsflow einfach nicht gepaßt hatte und eine Art „Reset“ stattgefunden hat.
  • Komnunikationsmerkmale: Sehr zuvorkommende und höfliche Konversation. Es viel kein einziges mieses Wort. Es kam das Gefühl auf man kommuniziert mit der „Unschuld vom Lande“. Begrüßung: coucou …Verabschiedung: bisous
  • Das zweite Foto kam aus einer Mall mit dem Hinweis, dass „sie“ gerade mit einer Freundin einkaufen sei. Auch dieses Foto entlarvte sich nach der Google-Bildersuche als öfters genutztes Fake-Foto
  • Die Aussage: „Schöne Frauen haben oft ein Fake-Profil um sich erst einmal zu schützen“ ist meistens schon der Hinweis auf einen Fake/Scam

Was ich daraus gelernt habe?

Ein paar neue französische Vokabeln 😉 und dass man sich von schönen Bildern und schönen Worten nicht täuschen lassen darf und dass egal wo im Internet und immer, bei Kaltkontakten allerhöchste Vorsicht geboten ist … und was für ein Trottel ich gelegentlich sein kann. Aber wie sagt man so schön… nur aus „Fehlern“ lernen wir. Skype-Lektion gelernt.

Jetzt noch drei Screenshots zur Google Bildersuche. Funktioniert so einfach wie mit Wörtern:

Direkt dahin:

… und staunen.

Wie immer bei Internetangelegenheiten in Verbindung mit der dunklen Seite der Macht freue ich mich über das wunderbare Katzenfoto von AK¥N Cakiner auf Unsplash.